7 Fragen an: Maik Pflaum

Global denken – lokal handeln: Heute lest ihr das Interview mit Maik Pflaum, personalpolitischer Sprecher sowie Sprecher für Fair Trade der grünen Fraktion im Nürnberger Rathaus.

Wir dachten uns, es wäre doch schön, wenn ihr unsere Stadträt*innen etwas näher kennenlernt. Deshalb haben wir allen die selben sieben Fragen gestellt, wie sie zur Politik gekommen sind, was ihre Mission ist und was sie sonst so wichtig finden im Leben.

Wie bist du zur Politik gekommen und was machst du sonst so im „normalen“ Leben?

Als Ehrenamtlicher in einem Eine-Welt-Laden stieß ich noch zu Schulzeiten auf Fragen der globalen Gerechtigkeit. Mit 18 nahm ich an einer fünfköpfigen Delegation der Evangelischen Jugend Bayern nach El Salvador teil. Dort herrschte Bürgerkrieg und wir hörten nachts Schießereien. Die deutsche Bundesregierung bezeichnete El Salvador damals als befreundete Regierung und unterstützte diese „Demokratie“ – und wir bekamen vor Ort mit, dass kritische Bürger*innen verschleppt, gefoltert und oftmals auch getötet wurden. Im Anschluss daran besuchte ich das Nachbarland Nicaragua. Dazu hieß es von der deutschen CDU/CSU: Das ist eine sozialistische Diktatur. Und dort erlebte ich, dass die Menschen sich frei bewegen konnten und an einem sozialen Land arbeiteten. Diese groben Unterschiede und die fälschliche Darstellung in der Öffentlichkeit, auch seitens der deutschen Bundesregierung, bewogen mich dazu, hinter die Kulissen sehen zu wollen und gegen schreiende Ungerechtigkeiten anzugehen.

Was sind deine Schwerpunkte als Stadtrat und warum?

Ich arbeite seit über 20 Jahren bei der CI-Romero, einer entwicklungspolitischen Organisation. Dort engagiere ich mich hauptamtlich für menschenwürdige Arbeitsbedingungen u. a. in der Spielzeug- und Bekleidungsindustrie, immer im engen Kontakt mit den Menschen vor Ort, z. B. in Mittelamerika, wo weltbekannte Modemarken unter inakzeptablen Bedingungen ihre teure Kleidung herstellen lassen. Dieser berufliche Hintergrund führte dazu, dass ich in der Grünen Stadtratsfraktion der Sprecher für Fair Trade sowie der personalpolitische Sprecher wurde. Hinzu kommt der Vorsitz im Umweltausschuss des Stadtrates und ein Sitz im Aufsichtsrat bei der NürnbergMesse. Auch dort sind mir Themen der Nachhaltigkeit sowie Arbeitsrechte ein wichtiges Anliegen.

Für was stehst du?

Spätestens seit ich mit 18 in El Salvador gewesen bin, ist mir klar, dass wir global denken – aber vor Ort, also lokal, mit den Veränderungen anfangen müssen. Das gilt auch heute noch für meine Arbeit als Stadtrat in Nürnberg.

Was macht dir als Stadtrat besonders Spaß, was stört dich am Politiker-Dasein?

Ich finde es faszinierend, wie komplex eine Stadt wie Nürnberg mit ihren 11.000 Angestellten ist und wie gut Vieles organisiert ist. Gleichzeitig gibt es natürlich Verbesserungsbedarf. Hier bringe ich meine Erfahrungen und Sichtwiesen ein, damit nichts und niemand unter die Räder kommt. Seien es die Menschen, die beim Ausländeramt um einen Termin kämpfen müssen oder die, die weltweit Produkte hergestellt haben, die die Stadt Nürnberg einkauft, sei es Spielzeug für die städtischen Kitas oder Berufskleidung für Pflegekräfte und Gärtner*innen.

Siehst du manche Dinge in Nürnberg mit anderen Augen seitdem du Stadtrat bist?

Ja, natürlich. Die Bindung zur Stadt vertieft sich, weil man an Prozessen mitgewirkt hat und erlebt, wie sie wirken, oder: wo man noch nachbessern muss.

Was fehlt Nürnberg oder wovon hat es zu viel? Was ist das Liebenswerte an Nürnberg?

Ich mag die fränkisch-bescheidene Art sehr gerne und die Verbindlichkeit. Ich habe viel Jahre nicht hier gewohnt, und schätze dies nun umso mehr.

Was uns noch fehlt, ist, dass wir ganz konsequent auf Nachhaltigkeit setzen. So viel wäre möglich, aber es wird oftmals nicht getan. Warum kocht das Klinikum kaum mit Bio-Lebensmitteln? Warum ist es immer noch ein Kampf, Produkte anzuschaffen, bei deren Herstellung Arbeitsrechte eingehalten wurden? Die Antwort lautet immer: „Die Kosten!“ Hier müssen wir noch sehr viel Überzeugungsarbeit leisten. Gerade in einer Stadt der Menschenrechte ist dies doppelt beschämend und nicht akzeptabel.

Wer ist dein*e Held*in und warum?

Ich habe einige Held*innen. Einer davon ist der Nürnberger Bernd Hausmann, der Gründer der glore-Läden für nachhaltige Kleidung. Während Adidas und Puma jährlich Millionen an Aktionär*innen ausschütten und uns mit Hochglanzbroschüren für dumm verkaufen wollen, hat Bernd gehandelt. Er war einer der ersten in Deutschland, der nachhaltige Mode in einem attraktiven Umfeld angeboten hat. Das ist so wichtig: Um zu zeigen, dass „es“ geht, und um für würdige Arbeitsplätze weltweit zu sorgen.

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