Der Kreisverband Nürnberg Stadt und die Stadtratsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen Verkehrspolitik, die nützt. Deshalb kritisieren sie auch das Bürgerbegehren: Denn dieses kann nicht halten, was es verspricht.
Die Darstellung des Rechtsamts der Stadt Nürnberg zeigt gravierende rechtliche Mängel auf: Neben fehlenden Begründungen für Teilfragen und einer als unzureichend kritisierten Information der Bürger*innen, wurden auch Probleme mit landesrechtlichen Vorgaben und der ordnungsgemäßen Gestaltung eines Bürgerbegehrens angeprangert. Diese scharfe Kritik kommt dabei keineswegs überraschend: Bereits 2020 meldete das Rechtsamt Zweifel an, allerdings wurde aufgrund der damals nicht ganz so eindeutigen Lage zugunsten der Initiator*innen des Bürgerbegehrens entschieden.
Die Eindeutigkeit dieser Bewertung, die alle drei Einzelfragen wie auch das gesamte Begehren als unzulässig sieht, lässt für uns keinen anderen Schluss zu: Wer seriöse Politik machen will, kann unter diesen Umständen die rechtliche Zulässigkeit dieses Bürgerbegehrens nicht beschließen.
Hinzu kommt, dass die Kosten für das Projekt ein so großes Loch in den Stadthaushalt reißen würden, dass die Regierung von Mittelfranken droht, die Geschäfte der Stadt zu übernehmen. Bislang gibt es keine Zusage, dass sich das Land Bayern, der Bund oder die umliegenden Gemeinden aus dem Verkehrsverbund an den Kosten beteiligen. Dadurch verbleibt die Gesamt-Finanzierung bei der Stadt Nürnberg. Die Corona-Pandemie hat die Grundlagen im städtischen Haushalt komplett verändert und die finanzielle Not verschärft. Nach dem bekannten Gutachten zum Ticket besteht selbst bei Aktivierung aller uns als Kommune möglichen zusätzlichen Einnahme-Quellen, im Minimum eine Finanzierungslücke von circa 25 Millionen Euro. Nimmt man dann noch – wie in der Vorlage des Bürgerentscheids gefordert – das „Einfrieren“ der Ticket-Preise bei der aktuellen Teuerungsrate hinzu – erweitert sich die Finanzierungslücke auf etwa 40 Millionen Euro. Jährlich steigend!
Diese Rechnung geht so nicht auf. Als Folge droht die Kürzung der freiwilligen Leistungen im Haushalt, unter die vor allem Kultur- und Klimaschutz-Ausgaben fallen. Denn bevor in die Pflichtausgaben einer Kommune eingegriffen wird, werden die sogenannten freiwilligen Leistungen gekappt.
Die Einführung des Tickets in seiner jetzigen Form würde daher nicht nur anderen Projekten schaden, sondern trägt es zudem nur wenig Positives zur Verkehrswende bei.
Wir haben bereits heute ein Sozial-Ticket, ohne Ausschlusszeiten, das mit 15 Euro im Monat günstiger als ein 365-Euro-Ticket ist und unsere volle Unterstützung genießt. Auch die kostengünstige Semester- und Schüler*innen-Tickets unterstützen wir, deren Geltungsbereiche allesamt größer als der des 365-Euro-Tickets sind. Denn da alle umliegenden Gemeinden aus dem VGN- Verkehrsverbund eine Beteiligung am 365-Euro-Ticket abgelehnt haben, würde dieses an der Stadtgrenze Nürnberg enden. Eine Eindämmung der Pendlerströme aus und nach Nürnberg wird damit nicht erreicht, und genau das sollte ja ein verbundweites Ticket erreichen!
Die Warnung einer Vielzahl von VGN-Mitgliedern vor einem Austritt aus dem Verkehrsverbund, wenn Nürnberg alleine das Ticket einführen würde, wäre das Ende des VGN. Die damit verbundene Schlechterstellung aller Nutzer*innen des ÖPNV im gesamten Verbundraum kann niemand ernsthaft riskieren wollen!
Deswegen sprechen wir uns grundsätzlich für ein spezielles Ticket im gesamten Verkehrsverbund aus – denn dies würde sich verkehrs-, sozial- und klimapolitisch positiv auswirken!
All das – eine Verbesserung für Bezieher*innen des Sozialtickets, Schüler*innen, Azubis und Student*innen sowie die Eindämmung von Pendlerströmen – kann das 365-Euro-Ticket in der Bürgerbegehren-Variante nicht leisten.
Sollten Bund und Land zukünftig kofinanzieren und damit auch eine verbundweite Lösung anstreben, sind wir selbstverständlich an Bord.
Ihr Ansprechpartner:
Achim Mletzko
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