Newsletter-Editorial August 2024

Liebe Leser:innen,

in der Oper „Die Meistersinger“ von Richard Wagner gibt es den berühmt-berüchtigten Sixtus Beckmesser, einen pedantischen, kleinkarierten Spießbürger, der mit seiner Kreide vermeintliche Sangesfehler eines Kontrahenten an die Tafel kratzt.

So ähnlich spielte sich die Diskussion in der vergangenen Stadtratssitzung um die finale Entscheidung zur bisher so genannten Ausweichspielstätte der Staatsoper und dem Ausbau der Ermöglichungsräume der freien Szene in der Kongresshalle ab …

Was haben wir uns, was hat sich der Stadtrat am 17. Juli 2024 getraut?

Nichts weniger als das: Wir haben ein historisch maximal kontaminiertes Nazi-Täter-Monstrum, die Kongresshalle am Dutzendteich, einer vielfältigen, spartenübergreifenden, bunten Kultur samt neuer Spielstätte für das Staatstheater unterworfen!

Ein bundesweit einmaliger Entwurf! Ein Entschluss, der mit größter Ernsthaftigkeit und im Bewusstsein um die historische Verantwortung gegenüber diesem geschichtlich beladenen Gebäude getroffen wurde!

Wie kurzsichtig dagegen die Kritiker:innen der Entscheidung: Ja, der städtische Anteil an den Baukosten ist um knapp 30 Mio. Euro höher als ursprünglich veranschlagt, weil die Nutzungsdauer der neuen Spielstätte verlängert wurde. Ja, das sprengt den beschlossenen Kostendeckel. Ja, das ist nicht schön, darüber ist niemand glücklich.

Aber bitte: Ist das wirklich der springende Punkt? Ist nicht die dahinterstehende Ermöglichung der weiter oben skizzierten kulturellen Aneignung von so kraftvoller Natur, dass sich die finanziellen Fragen dahinter einordnen müssen?

Wir als grüne Fraktion tragen den weitreichenden Beschluss mit – er ermöglicht dem Staatstheater eine klare Planung und eröffnet ihm eine langjährige Perspektive sowie eine nachhaltige Nutzung.

Für die freie Szene stehen zukünftig eine Vielzahl von Räumen für verschiedenste künstlerische Ansätze zur Verfügung – in wechselseitigem Austausch mit Kolleg:innen des Staatstheaters und natürlich ebenso in gegenläufiger Richtung …

Der 17. Juli 2024 ist daher ein starkes Signal. Für eine Erinnerungskultur, die neue Antworten und innovative Ansätze sucht.

Es grüßt Sie und euch freundlich,

Achim Mletzko, Fraktionsvorsitzender