Liebe Leser*innen,
in den Haushaltsverhandlungen der vergangenen Woche spielte naturgemäß die Sanierung des Opernhauses und die Platzierung der notwendigen Ausweichspielstätte eine gewichtige Rolle, obwohl beide Projekte noch gar nicht in die mittelfristige Finanzplanung bis 2025 eingestellt sind. An Zahlen, die durch die Debatte geistern, mangelt es nicht: 500 Millionen, 750 Millionen, 1 Milliarde … je nachdem, welche Kulturbaustelle, die es in der Republik gerade gibt oder gab, als Beweis für die Richtigkeit der eigenen Zahlen ins Konzept passt.
Jetzt gibt es eine erste Kostenschätzung der Verwaltung: Knapp 600 Millionen für Interimsbau, Sanierung des Opernhauses im Bestand und Aufwertung des Richard-Wagner-Platzes.
Wir Bündnisgrüne nehmen diese Zahlen zuerst einmal zur Kenntnis.
Denn zwei Dinge sind uns wichtiger: Wir brauchen eine zivilgesellschaftliche Debatte, ob wir das Opernhaus am Richard-Wagner-Platz tatsächlich sanieren wollen, denn eine solche Sanierung wird wegen des maroden Zustand und der komplexen Bauweise aufwändig und hochkompliziert (auch mit höheren Kosten ist dann naturgemäß zu rechnen). Möglicherweise sollten wir uns auch der Vision eines baulich und kulturell einzigartigen, aus einem weltweiten Architekturwettbewerb hervorgehenden Neubau am Richard-Wagner-Platz zuwenden: Ein Neubau, der an das Schauspielhaus andockt, transparent, mit modernster, hochfunktionaler Architektur, einladend, barrierefrei – es wäre ein großer Wurf!
Umsichtig entscheiden, innovativ denken
Denn: Wenn wir am 15. Dezember im Stadtrat den Beschluss fassen, im oder neben dem Kongressbau eine so genannte Interimsspielstätte zu errichten und einen Teil des Kongress-Gebäudes als Büro-, Arbeits- und Vorbereitungsflächen auszubauen (damit das Opernhaus Ende 2024 dort einziehen kann), muss nicht im selben Atemzug die Sanierung des jetzigen Opernhauses beschlossen werden.
Es gibt in jedem Fall genügend Zeit, über Sanierung oder Neubau eine offene Debatte zu führen. Eine umfassende Bürgerbeteiligung müsste gar nicht organisiert werden, denn das Thema ist von Anfang an emotional aufgeladen und hochspannend: Hier die Anhänger*innen einer Bestandssanierung mit Verweis auf den Denkmalschutz, da die eher visionär gestimmten Kulturinteressierten, die aus einem Neubau große Strahlkraft für die Metropole ableiten. Angst vor der Debatte muss niemand haben – eine gute Moderation derselben könnte zu einem kulturellen Selbstvergewisserungsprozess führen, der weit über die bisherigen Diskussionszirkel hinausreicht!
Ein zweiter Punkt ist uns aber ebenso wichtig – unabhängig davon, ob saniert oder neu gebaut wird: So wie ich es auch meiner Grundsatzrede zum Haushalt eingefordert habe, will ich es auch hier noch einmal klar formulieren: Wir brauchen, begleitend zu den Baumaßnahmen, einen „Investitionsfonds für die freie Szene“, denn es kann nicht sein, dass wir knapp 600 Millionen Euro in die Opernhauskultur investieren und viele kleine Kulturanbieter fünf Stiftungen anschreiben und beackern müssen, damit sie beispielsweise ihre Toilettenanlagen sanieren können!
Sie sehen: Wir gehen mutig voran, über ihre Unterstützung würden wir uns freuen.
Mit freundlichen Grüßen,