Newsletter-Editorial Oktober 2023

Stadträtin Réka Lörincz

Liebe Leser:innen,

alle zwei Jahre begehen wir in Nürnberg das große Fest der Menschenrechte und in diesem Zuge auch die Verleihung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises. Damit senden wir ein wichtiges Signal in die Welt: Wir lenken die Aufmerksamkeit auf wichtige Menschenrechtsverletzungen und verleihen mutigen Kämpfer:innen und deren Organisationen Sichtbarkeit. So auch am vergangenen Wochenende, mit starker grüner Präsenz von Ehrenamtlichen und Mandatsträger:innen.

Am 24. September haben wir Malcolm Bidali aus Kenia für seinen Einsatz für die Rechte der Arbeitsmigrant:innen ausgezeichnet. Er war Zeuge der Menschenrechtsverletzungen in Katar und hat öffentlich über sie berichtet. Bidali arbeitete von 2018 bis 2021 als Wachmann auf den Baustellen der Fußballweltmeisterschaft 2022. Wie unzählige Arbeitskräfte aus dem Ausland litt auch er unter menschenunwürdigen und gefährlichen Arbeits- und Lebensbedingungen. Da seine Beschwerden bei den Behörden erfolglos blieben, veröffentlichte er unter dem Pseudonym Noah auf unterschiedlichen Kanälen wie Twitter und Instagram Blogs über erlebte und beobachtete Menschenrechtsverletzungen. Ihr könnt ihm heute noch auf Instagram unter @noaharticulates folgen.

Aber was hat das alles mit uns in Deutschland und in Nürnberg zu tun?

Zum einen zeigt uns, dass Sport, insbesondere Fußball, auch hochpolitisch sein kann. Das fängt bei der Vergabe der Hosttowns für Fußballevents an und hört bei rassistischen Beleidigungen bei Fußballspielen auf. Fußball ist ein Nationalsport in Deutschland, viele Kinder – zum Teil noch im Kindergartenalter – verbringen mehrere Nachmittage in der Woche auf dem Fußballplatz. Dies ist aber eine Chance für mehr Demokratie- und Vielfaltsbildung.

Zum anderen haben wir leider auch in Nürnberg und in der Metropolregion ausbeuterische, rechtlose Arbeitsmigration. Wer arbeitet an unseren Baustellen und wohnt in den winzigen Containern? Wer pflegt unsere Omas und Opas / Mütter und Väter zu Hause? Wer sticht unseren Spargel für das leckere Mittagessen im Biergarten? Wer schlachtet die Schweine für unsere Bratwurst-Semmel auf dem Altstadtfest? Bingo!

Sehr oft osteuropäische Wanderarbeiter:innen, die ihre Familien zurücklassen, um ihnen Geld nach Hause zu schicken, die zu acht oder zu zehnt in einem Container schlafen und sich ein Badezimmer teilen, die in vielen Fällen keinen Arbeitsvertrag haben, die deutlich unter dem Mindestlohn „verdienen“ und diesen manchmal monatelang nicht ausgezahlt bekommen, die oft keine Sozialversicherung und keinen Arbeitsschutz erhalten. All das hat mit sozialen Menschenrechten, menschenwürdigen und fairen Arbeitsverhältnissen nichts zu tun.

Hinschauen und handeln

Umso wichtiger ist, dass wir hinschauen, nachfragen, Betroffenen zur Seite stehen und an Beratungsstellen verweisen, beispielsweise „Faire Mobilität“ im Nürnberger Gewerkschaftshaus (ein Beratungsangebot zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen). Für unsere Mandatsträger:innen ist es ein dickes Ausrufezeichen, weiter dran zu bleiben, wenn wir die Verbesserung der Datenlage, faire Arbeitsbedingungen, die konsequente Ahndung von Rechtsverletzungen und eine kommunale sowie bayerische Vergabeordnung fordern.

Zurück zur Feierstunde im Opernhaus: Diese und die damit einhergehende Reflektion über unsere eigene Verantwortung ist wichtig. Es tut gut, uns unmittelbar nach der Sitzungspause im Stadtrat und kurz vor den schmerzhaften und frustrierenden Debatten rund um den städtischen Haushalt auf die Grundsätze unserer Arbeit zu besinnen: auf die Menschenrechte.

Das ist unser Vorsatz und Versprechen als grüne Fraktion im Nürnberger Stadtrat.

Es grüßt Sie und euch kämpferisch,

Réka Lörincz

Sprecherin für Menschenrechte