„Zeppelintribüne und Zeppelinfeld stehen in erster Linie für das Konzept der ausgrenzenden „Volksgemeinschaft“ aber auch für weitere Themen wie Militarisierung, “Deutsche Arbeit“, gesellschaftliche Rollenbilder oder die architektonische inszenierte Unterordnung von Teilnehmenden und Zuschauenden unter dem „Führer“. Das Areal ermöglicht – im Sinne eines begehbaren Exponats – eine Spurensuche und damit Ablesbarkeit der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit und ihrer Baurelikte nach 1945 anhand konkreter Objekte und führt so die Debatte über den richtigen Umgang ins Heute und Morgen. Die etablierte Alltagsnutzung soll fortgesetzt werden, eine Pluralität und Internationalität im Sinne einer demokratischen Aneignung täglich sicht- und erlebbar sein.“, so nachzulesen im Bericht „Entwicklung Zeppelintribüne und Zeppelinfeld zum Lern- und Begegnungsort“ (Kulturausschuss am 12.03.2020).
Angesichts dieser Haltung, die auch wesentlicher Bestandteil der Kulturhauptstadtbewerbung der Stadt Nürnberg war, finden wir Grüne es mehr als bedauerlich, dass das interventionistische Kunstwerk, das von einer unbekannte Künstlergruppe in Form eines Regenbogens hinter der ehemaligen Führerkanzel der Zeppelintribüne angebracht wurde, sang- und klanglos entfernt wurde, statt es als Anstoß zu nehmen, der Debatte um die Weiterentwicklung der Erinnerungskultur in Nürnberg neuen Schub zu verleihen.
„Wir bedanken uns bei dem unbekannten Künstlerkollektiv, die diese Diskussion der Fortführung des Umgangs mit diesem Baurelikt ins Heute und Morgen stark vorangetrieben haben. Desgleichen üben wir Kritik am Umgang der Stadt Nürnberg mit diesem Aktionskunstwerk. Eine Anzeige und das Entfernen des Regenbogens, der der selbsternannten Stadt des Friedens und der Menschenrechte nur allzu gut getan hätte, innerhalb eines Werktages, wirft viele Fragen auf. Die Begründung der Schädigung des Gesteins durch die Farbe, wird derzeit von einem unabhängigen Steinmetz und Bildhauermeister überprüft.“ kommentiert dazu Uwe Scherzer / Uschi Unsinn, queerpolitische*r Sprecher*in der Grünen Stadtratsfraktion.
„Die queere Community in Nürnberg begrüßt natürlich das Anbringen des Regenbogens gerade an diesem Bauwerk, denn die homosexuellen Männer, mussten schließlich auch nach 1945 noch unter dem durch die Nazis verschärften §175 genauer bis 1969 Strafverfolgung und Ausgrenzung erleiden. Ein würdiges Gedenken für die verfolgten Frauen liebenden Frauen im Nationalsozialismus findet außer in Nürnberg, an keinem weiterem Ort statt.“
„Dieser hilflose Umgang mit einer künstlerisch-politischen Intervention, die eigentlich genau das widerspiegelt, was Nürnberg seit mindestens 15 Jahren in einem Konzept nach dem anderen darlegt, aber bisher noch immer nicht umgesetzt hat, nämlich das Reichsparteitagsgelände durch Kunst zu transformieren, ist mehr als eine verpasste Chance. Ich finde es schade und fachlich auch nicht zu rechtfertigen, dass hier der Denkmalschutz als absolut gesetzt wird und damit als Feigenblatt dient, um sich der Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk nicht stellen zu müssen. Wenigstens hätte es vernünftig dokumentiert werden können und der künftige Umgang damit in eine Kommunikationsstrategie eingebunden werden müssen.“, so Verena Osgyan, stv. Fraktionsvorsitzende und Mitglied im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst des Bayerischen Landtags. Sie kündigt eine Anfrage an die Bayerische Staatsregierung an, um die denkmalschutzrechtliche Stellung des Bauwerks und die damit verbundenen Handlungsoptionen wenigstens im Nachhinein zu klären.
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