Heute lest ihr das Interview mit Réka Lörincz, Sprecherin für Vielfaltsgestaltung und Menschenrechte, gegen Rechtsextremismus und Rassismus sowie für Digitalisierung.
Wir dachten uns, es wäre doch schön, wenn ihr unsere Stadträt*innen etwas näher kennenlernt. Deshalb haben wir allen die selben sieben Fragen gestellt, wie sie zur Politik gekommen sind, was ihre Mission ist und was sie sonst so wichtig finden im Leben.
Wie bist du zur Politik gekommen und was machst du sonst so im „normalen“ Leben?
Irgendwie habe ich schon immer Politik gemacht, ob am Frühstückstisch bei meinen Eltern, in der Schüler*innenselbstverwaltung, Studentenvertretung, im ungarischen Außenministerium als Diplomatin oder eben seit 2020 als Stadträtin. Ich kann mich glücklich schätzen, weil ich tatsächlich auch hauptberuflich Politik machen kann und darf. Als Landesgeschäftsführerin der Integrationsbeiräte Bayerns kann ich neben der kommunalen, auch auf der bayerischen Ebene wirksam werden. In diesem Sinne habe ich Einblick in ein breites Themenfeld, kann diese auf unterschiedlichen Ebenen platzieren und strategische Ansätze entwickeln. Als große Unterstützung zu meiner politischen Arbeit kann ich auf ein großes politisches Netzwerk zurückgreifen.
Was sind deine Schwerpunkte als Stadträt*in und warum?
Mein Hauptschwerpunkt liegt bei der Vielfaltsgestaltung der Stadtgesellschaft. Alle anderen Schwerpunkte kann ich diesem zuordnen bzw. unter diesem Titel eine sinnvolle Vision geben. Denn eine mittel- und langfristige Vision ist in meinem politischen Handeln unabdingbar. Als Teil der Vielfaltsgestaltung kümmere ich mich um integrations- und migrationspolitische Themen, setze mich für Menschenrechte und gegen Rassismus, Rechtsextremismus und jegliche Form von Diskriminierung ein. Für eine Stadt der Vielen sind für mich digitale Technologien nicht mehr wegzudenken, deshalb befasse ich mich auch mit diesem Thema.
Für was stehst du?
Ich stehe für Vielfalt und gegen Menschenfeindlichkeit. Mir ist es wichtig, eine klare Haltung zu haben und sich über GOs und NO-GOs im Klaren zu sein. Ich verfolge gerne konkrete Fälle aus der Praxis, sehe aber meine Aufgabe auch darin, anhand von Einzelfällen strukturelle Schieflagen sichtbar zu machen und diese mit konstruktiven Stadtrats-Anträgen zu beheben.
In meiner politischen Arbeit möchte denjenigen eine Stimme geben, die (noch) nicht ausreichend partizipieren bzw. wählen können, so die unter 18-jährigen und die nicht eingebürgerten Nürnberger*innen. Auch deshalb liegt es mir sehr am Herzen, die Selbstvertretungsorganisationen dieser Gruppen einzubeziehen und ihnen Türen der politischen Einflussnahme zu öffnen. Die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen ist mir generell sehr wichtig.
Was macht dir als Stadträt*in besonders Spaß, was stört dich am Politiker*innen-Dasein?
Mir macht es Spaß, auch über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg Gemeinsamkeiten mit den Kolleg*innen der demokratischen Fraktionen zu finden und so mitgestalten zu können. Glücklicherweise gibt es davon viel mehr als Frau auf den ersten Blick denken würde. Das auszuhandeln und so zum Wohl aller Nürnberger*innen beizutragen macht nicht nur Spaß, sondern gibt auch Kraft und Ausdaur für dieses zeitintensiven Ehrenamt.
Was mich am meisten stört ist, dass bereits am Dienstag in der Zeitung zu lesen ist, was am Mittwoch im Stadtrat erst offiziell beschloßen wird. Im Alltag brauche ich aber die meiste Frustrationstoleranz für das Bohren von dicken Bretter. Für so einen ungeduldigen Typ, wie ich es bin, kostet das oft sehr viel Kraft und Disziplin.
Siehst du manche Dinge in Nürnberg mit anderen Augen seitdem du Stadträt*in bist?
Freilich. Ich empfinde es als sehr besonders, so sehr am Puls der Nürnberger*innen zu sein. Zu wissen, was die Bürger*innen beschäftigt. Besonders anschaulich wird es in den Stadtteilen, in denen ich lebe und arbeite. Da läuft Frau einfach mit ganz anderen Augen und Ohren auf der Straße, schaut anders hin und hört anders zu.
Was fehlt Nürnberg oder wovon hat es zu viel? Was ist das Liebenswerte an Nürnberg?
Als Wahlnürnbergerin finde ich es großartig, wie die Stadt (Politik, Verwaltung und Bürgerschaft) sich mit der grausamen Vergangenheit dieser Stadt auseinander setzt: mutig, vielfältig, bedacht, visionär, partizipativ und kreativ. Das gilt nicht nur für die Nazi-Vergangenheit, sondern auch für die NSU-Mordserie. Umso mehr ist es eine Schande, mit welchen rechtsextremen Strukturen wir in Nürnberg immer noch zu kämpfen haben.
Wer ist dein*e Held*in und warum?
Meine Heldin ist Malala Yousafzai, pakistanische Friedensaktivistin und die bisher jüngste Friedensnobelpreisträgerin, die sich für gleiche Bildungschancen für Mädchen und für die Freiheitsrechte von jungen Frauen einsetzt. Deshalb ist Malala auch der zweite Name meiner Tochter. Ich finde es unglaublich wichtig, so mutige Vorbilder im Leben zu haben.
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