Vor etwas mehr als drei Jahren hat der Nürnberger Stadtrat mit überwältigender Mehrheit eine richtungsweisende Entscheidung getroffen: Rad- und Fußverkehr sowie der ÖPNV sollen gestärkt werden, der Autoverkehr um etwa 20 Prozent sinken. Dieser sogenannte Mobilitätsbeschluss ist seither die Grundlage für eine zukunftsorientierte Verkehrspolitik in Nürnberg, deren konsequente Umsetzung wir Grüne stets einfordern.
Doch war da nicht noch ein anderes großes Verkehrsprojekt? Genau: Der kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellwegs. Seit Jahrzehnten wird nun schon heiß debattiert, laut eigenen Angaben der CSU wurde im Jahr 1987 erstmals im Stadtrat ein entsprechender Antrag eingebracht, im Jahr 2002 wurde mit den aktuellen Planungen begonnen, von CSU und SPD blumig als Stadtreparatur vermarktet, dann folgten jahrelange Gerichtsverfahren. Die Projektidee: Vier zusätzliche unterirdische Fahrstreifen sollen den Stau am Frankenschnellweg auflösen. Die Kosten: Mittlerweile über eine Milliarde Euro. Die Bauzeit: Über zehn Jahre. Das Ergebnis: Ziemlich sicher mehr Autoverkehr in der Stadt, eine Verlagerung des Staus in Richtung Plärrer, in weiten Teilen weiterhin dasselbe triste Stadtbild wie heute und Fahrgastverluste für den ÖPNV. Sprich: Das Gegenteil der 2021 beschlossenen Verkehrswende.
Verantwortungsvoll für die Stadtgesellschaft handeln anstatt Parteiinteressen durchdrücken
Wegen des klammen städtischen Haushalts und des daraus resultierenden umfassenden Sparpakets sowie der gewachsenen Erkenntnis im Rathaus, dass große Straßenbauprojekte nicht das Nürnberger Verkehrsproblem lösen, schien eine vernünftige Alternativlösung ohne Tunnel in greifbarer Nähe. Selbst die Stadtverwaltung hat längst solche Szenarien entwickelt und geplant. Sogar nach der Abweisung der Klage im Vorab-Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (und der Nicht-Zulassung einer Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht) waren wir noch optimistisch gestimmt. Schließlich kündigte OB Marcus König an, erst einmal innehalten zu wollen und die Fraktionsspitzen zu einem Gespräch über Ansätze einzuladen, die „schneller, günstiger und zeitgemäßer zu einer verträglichen und umweltfreundlichen Lösung“ führen könnten.
Doch dann: Paukenschlag aus München. Ministerpräsident Dr. Markus Söder kündigte – offensichtlich ohne Absprache mit seinen Parteifreunden – an, dass der Freistaat das Projekt mit 80 Prozent fördern würde. Koste es, was es wolle. Der Oberbürgermeister gab nach, „FSW-Bürgermeister“ Christian Vogel sowie die CSU-Fraktion brachen plötzlich in Jubel aus.
Diese Euphorie des vermeintlichen Erfolgs gipfelte einige Tage später in einer Tischvorlage für die Stadtratssitzung am 17.04., in der über die Schaffung von insgesamt acht neuen Stellen – darunter zwei für die Öffentlichkeitsarbeit – sowie die (Um-) Besetzung weiterer 17 Stellen für den Frankenschnellweg entschieden werden sollte. Zudem wird ein vorzeitiger Baubeginn des „Abschnittes West“ angestrebt. CSU, SPD, AfD, Freie Allianz und FDP stimmten für diesen Beschluss. Und all das trotz der leeren Stadtkasse, den spürbaren Folgen des Klimawandels, trotz der unbekannten Höhe des tatsächlichen, städtischen Eigenanteils. Dabei macht es einen Unterschied von bis zu 200 Mio. €, ob sich Dr. Markus Söders Förderversprechen auf die förderfähigen Kosten oder die Gesamtkosten des Projektes bezieht. Und all das trotz des noch immer fehlenden Baurechts. Denn dieses wird frühestens im Herbst vorliegen, falls der Bund Naturschutz Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einlegt, auch erst einige Monate später.
Und nun? Die Messe ist noch nicht gelesen. Der Baubeginn kann allerfrühestens Ende 2026 erfolgen – also nach der Kommunalwahl. Es gilt für uns Grüne, bei dieser Wahl offensiv für eine Verkehrspolitik zu werben, die die Lebensqualität in Nürnberg verbessert, alle Menschen vor Lärm und Abgasen schützt und allen eine klimaneutrale und barrierefreie Mobilität ermöglicht. Den Schandfleck am Frankenschnellweg möchten auch wir beheben, aber im Sinne der Verkehrswende und nicht mit einer Stadtautobahn: Nämlich mit einer urbanen Stadtstraße, umrahmt von viel Grün, die im Gegensatz zum kreuzungsfreien Ausbau, die bislang getrennten Stadtteile Gostenhof, Steinbühl und St. Leonhard miteinander verbindet.
Ihr Ansprechpartner:
Alexander Kahl
Ihr Ansprechpartner:
Mike Bock
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