In ganz Deutschland – und auch in Nürnberg – fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Dieser Zustand, der vielfältige negative Folgen nach sich zieht (Verdrängung, soziale Spaltung, Verarmung, Wachstumsprobleme) soll nun durch das jüngst novellierte Baugesetzbuch und hier durch den „Bau-Turbo“ (insbes. §246e, BauGB) verbessert werden. Dieser ermöglicht es den Kommunen, schneller und flexibler Wohnbau zu ermöglichen. Dies hat zur Folge, dass Kommunen auf aufwendige und damit qualitativ hochwertige Bebauungspläne verzichten können.
Vor dem Hintergrund des fehlenden bezahlbaren Wohnraums in Nürnberg ist dieser Schritt äußerst begrüßenswert, jedoch dürfen dadurch nicht gleichzeitig Vorgaben wie jene des Nürnberger Baulandbeschlusses ausgehebelt werden. Denn dieser setzt städtebauliche Standards, die an einer nachhaltigen, sozial gerechten und zukunftsweisenden Stadtentwicklung ausgerichtet sind. Dazu gehören auch Regelungen zu öffentlichem Grün, einen Anteil für geförderten Wohnbau oder der Versorgung mit Kitas und Schulen. Ebenso droht die Gefahr, dass mit dem Bau-Turbo der Flächennutzungsplan nicht mehr zur Geltung kommt, in dem unter anderen Grünflächen festgesetzt werden.
Eine Beschleunigung durch Einführung des Bau-Turbos sollte daher nicht zulasten der städte-baulichen Qualität, des Klimaschutzes oder der sozialen Durchmischung gehen. Gleichzeitig darf der „Bau-Turbo“ nicht zu rein renditegetriebenen Neubauprojekten mit hohem Flächenverbrauch führen, was bereits mehrere kritische Stimmen aus der Fachwelt bemängeln.
Der Wohnraumbedarf in Nürnberg muss schnell und unkompliziert – unter Einhaltung der Nachhaltigkeitsstandards – gedeckt werden. Deshalb haben für uns auch die Umsetzung der bereits beschlossenen Stadtentwicklungsgebiete wie Wetzendorfer Park, Tiefes Feld, Lichtenreuth oder das ehemalige AEG-Areal Nord Vorrang.
Zudem regen wir eine Ausweitung der durch den „Bau-Turbo“ erleichterten Umnutzung von Büro- und Gewerbeflächen zu Wohnraum, die Nutzung modularer Bauweise und kooperative Entwicklungsmodelle mit Wohnungsunternehmen an. Darüber hinaus muss der Fokus auf mehr Flexibilität, vereinfachte Verfahrensabläufe sowie gezielte Vergabestrategien für Erschließung und Wohnungsbau liegen. Gleichzeitig sollte die Prüfung von Förder- und Finanzierungsinstrumenten zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums und städtebaulicher Qualität gestärkt werden.
Vor diesem Hintergrund stellen wir zur Behandlung im zuständigen Ausschuss folgenden Antrag:
Die Verwaltung berichtet
- über die Strategie der Stadt Nürnberg im Umgang mit dem sogenannten „Bau-Turbo“, insbesondere auch, welche Regelungen in Nürnberg dadurch wegfallen und die Auswirkungen dadurch
- für welche Flächen im Stadtgebiet die Anwendung des neuen §246e BauGB (und weitere) infrage käme, der unter bestimmten Voraussetzungen eine Abweichung von vorliegenden rechtskräftigen Bauleitplänen (Flächennutzungsplan und Bebauungspläne) zugunsten von Wohnungsbauvorhaben ermöglicht
- über die Auswirkungen des „Bau-Turbos“ auf bereits beschlossene Stadtentwicklungsgebiete
- welche Potenziale sich durch den „Bau-Turbo“ für den bezahlbaren Wohnraum ergeben
- ob es schon einen Austausch mit oder Informationen aus dem bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr zur Fortsetzung der Wohnraumförderung gibt, um am Nürnberger Baulandbeschluss festhalten zu können

Ihr Ansprechpartner:
Cengiz Sahin
