2014 hat das BAMF wegen der Verbrechen des IS eine sogenannte Gruppenverfolgung von Jesid:innen aus dem Nordirak festgestellt. Diese wurde aber ab 2017 nicht mehr angenommen, da die Bundesregierung eine Verbesserung der Sicherheitslage in Irak vermutete. Entsprechend erfolgen die Entscheidungen im Rahmen einer Einzelfallentscheidung unter anderem anhand der aktuellen Situation in Irak. Die Anerkennung für Jesid:innen aus Irak geht daher stark zurück, während das BAMF fast alle Jesid:innen aus Syrien weiterhin als schutzbedürftig einstuft.
Dem gegenüber steht zum einen der Beschluss des Bundestages aus dem Jahr 2023, der die Verbrechen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) an den Jesid:innen im Jahr 2014 als Völkermord anerkennt – zum anderen die gültige Lageeinschätzung des Auswärtigen Amtes, die besagt, dass religiöse Minderheiten in Zentralirak unter weitreichender faktischer Diskriminierung leiden. Gemäß diesem Bericht kann der „irakische Staat den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen“. Dabei sind insbesondere jesidische Frauen und Kinder in Nordirak erheblichen Gefahren ausgesetzt. So kommt es in den Siedlungsgebieten in Irak immer wieder zu Zwangsprostitution, Rekrutierung von Kindersoldaten und Versklavung. Des Weiteren haben laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen IS-Terroristen zahlreiche Frauen verschleppt und verkauft.
Auch in Nürnberg leben Jesid:innen, die von Abschiebung betroffen sein könnten. Die Zuständigkeit liegt hier bei den Bundesländern, die auf Grundlage von § 60a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes die Möglichkeit haben, einen sofortigen Abschiebestopp für Jesid:innen zu erlassen.
Vor diesem Hintergrund stellen wir zur Behandlung im zuständigen Ausschuss folgenden Antrag:
Die Verwaltung berichtet,
- wie viele Jesid:innen derzeit in Nürnberg leben und welchen Aufenthaltstitel diese haben,
- wie viele von ihnen in die Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörde Mittelfranken (ZAB) und der städtischen Ausländerbehörde fallen,
- über etwaige Abschiebungen von Jesid:innen im vergangenen Jahr aus Nürnberg und wie vielen Jesid:innen aktuell eine Abschiebung bevorsteht.
Der Oberbürgermeister und/oder die Sozialreferentin initiieren einen Austausch im Bayerischen Städtetag mit anderen betroffenen Kommunen.
Der Oberbürgermeister setzt sich mit anderen Vertreter:innen des Bayerischen Städtetages beim Bayerischen Innenminister für die Verhängung eines sofortigen Abschiebestopps (auf Grundlage von § 60a Absatz 1 des Aufenthaltsgesetz) zusammen. Dieser soll aufgrund der volatilen Lage für die Glaubensgemeinschaft in Irak auf unbestimmte Zeit ausgelegt werden.
Außerdem bitten wir den Oberbürgermeister, sich in den entsprechenden Gremien des Deutschen Städtetags für einen bundesweiten Abschiebestopp für Jesid:innen aus dem Irak und Syrien beim Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) einzusetzen.
Ihre Ansprechpartnerin:
Réka Lörincz
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